Wasserfälle entstehen dort, wo harte und weiche Gesteinsschichten aufeinandertreffen. Die Opalinustone im Braunjura sind verhältnismäßig mächtig und schließen oben mit einer harten Sandsteinbank ab.
Wenn fließendes Wasser die harte obere Gesteinsschicht – die Sandsteinbank – durchbricht, wird die untere weiche Gesteinsschicht – die Opalinustonschicht – durch das herabstürzende Wasser verstärkt abgetragen. Meist findet dann an der Bruchkante eine sogenannte „Auskolkung“ statt. Das heißt, dass die vom fließenden Wasser mitgeführten Partikel wie Sand oder Stein das weichere Gestein am Flussboden langsam aushöhlen und dort zu einer Vertiefung des Bodens führen. Im Laufe der Zeit kann es vorkommen, dass die fortwährende Auskolkung das harte Gestein immer weiter unterspült und die dabei entstehende Gesteinsnase dann plötzlich abbrechen kann. Diese Tatsache führt übrigens zu dem Phänomen, dass ein Wasserfall immer Richtung Flussquelle wandert oder, anders ausgedrückt, nach „oben“. Man spricht hier von der sogenannten „rückschreitenden Erosion“.
Sickert Regenwasser durch die Bodenschicht, nimmt es Kohlendioxid auf, welches im Wasser als Kohlensäure gespeichert wird. Gleichzeitig hat das harte Gestein „Kalk“ die Eigenschaft, sich in Wasser zu lösen. Zusammen mit der Kohlensäureverbindet es sich in gelöster Form zu Calcium-hydrogencarbonat. Dabei kann kaltes Wasser mehr Kohlensäure und damit mehr gelösten Kalk aufnehmen als warmes Wasser. Wenn kalkreiches und kaltes Wasser an die Oberfläche tritt, erwärmt es sich und kristalliner Kalk wird ausgefällt. Dieser setzt sich als sogenannter „Kalktuff“ oder „Kalk-sinter“ an den Oberflächen ab, wie z. B. an Moosen oder Pflanzenresten.Kohlendioxid entweicht bei starken Bewegungen des Wassers in verstärktem Maße, sodass auch die Abscheidung von Kalk intensiviert wird. Reichen Aststücke in den Spritzwasserbereich der Schlichem hinein, findet man sie manchmal überzogen mit Kalktuff. Kalktuff, der sich im Laufe der Zeit zu mächtigen, kompakten Schichten entwickelt hat, wurde insbesondere früher als sogenannter „Travertin“ abgebaut und zu Bauzwecken genutzt.
Autor und Fotos: Ansgar Sproll
Abb: Ein Admiral wärmt seinen Körper auf Kalkablage-rungen nahe der Schlichemquelle.
DIE FLUSSGESCHICHTE ZWISCHEN BÄRA UND SCHLICHEM
Die beiden Talformen von Bära und Schlichem erwecken den Eindruck, als gingen sie nahtlos ineinander über, während sich kein Sattel erkennen lässt. Man nennt diese Erscheinung, die in Südwestdeutschland öfter vorkommt, auch „Geköpfte Täler“. Sie sind ein Zeugnis des „Kampfes um die Wasserscheide“ und spiegeln Vorgänge wider, die sich seit Millionen von Jahren abspielen:
Vor Urzeiten entwässerten die Flüsse Süddeutschlands allesamt über die Ur-Donau ins Schwarze Meer. Doch durch den Einbruch des Oberrheingrabens vor etwa 30 bis 40 Millionen Jahren und einer veränderung des Reliefgefälles bekamen die Nebenflüsse des Rheins eine größere Fließgeschwindigkeit.
Die immer zahlreicher werdenden Zuflüsse begannen, der Donau das Wasser „abzugraben“ und die Wasserscheide zwischen beiden Flusssystemen mehr und mehr in Richtung Donau zu versetzen.
So verlagerte sich auch das Quellgebiet der Schlichem weiter nach Osten. Gebiete um Ratshausen und Hausen a.T., die ursprünglich im Einzugsgebiet der Bära lagen, wurden nun von der Schlichem entwässert. Ursprünglich, vor vielen Millionen Jahren,lag die Schlichemquelle viel weiter westlich – möglicherweise in der Gegend von Ratshausen.
Noch bis heute werden Teile des Donaueinzugsgebietes vom tiefer fließenden Rhein und seinen Nebenflüssen erobert.
Vom Standpunkt aus blickt man in südliche Richtung, wenige hundert Meter entfernt, auf die heutige Lage der Europäische Wasserscheide – eine nicht sichtbare Grenzlinie der Wassereinzugsgebiete von Donau und Rhein.