Schlichemwanderweg: Tiere & Pflanzen


FISCHREGIONEN

LEBENSGEMEINSCHAFTEN IN FLIESSGEWÄSSERN

Das Fließgewässer der Schlichem unterliegt einem kontinuierlichen Wandel hinsichtlich Gefälle, Fließgeschwindigkeit, mitgeführtem Substrat und der jeweiligen Laufform. Dadurch werden gleichzeitig Voraussetzungen für verschiedene Lebensgemeinschaften und den charakteristischen Leitarten geschaffen.

In einigen Gewässerabschnitten der Schlichem ist eine heute selten gewordene Leitart der unteren Forellenregion anzutreffen: Die Groppe ist ein Kleinfisch ohne Schuppen und Schwimmblase, der dicht am Gewässerboden lebt und sich von Kleintieren wie Bachflohkrebsen, Insektenlarven, Schnecken und gelegentlich auch Fischlaich ernährt.

Tagsüber verstecken sich die Fische unter Steinen oder Wurzeln. Schreckt man sie auf, huschen sie im Zickzack kurze Strecken über den Gewässergrund und verstecken sich erneut. Erst in der Dämmerung und in der Nacht gehen sie auf Nahrungssuche. Groppen werden im 2. Jahr geschlechtsreif. Im Frühjahr, zur Laichzeit, bereitet das Männchen zwischen oder unter Steinen eine Laichgrube vor, in die das Weibchen dann die Eier ablegt. Bis zum Schlupf der Fischbrut bewacht das Männchen die Eier. Dies kann etwa 4-7 Wochen lang dauern.

Groppen durchwandern verschiedene Gewässerregionen im Laufe ihrer Individualentwicklung – teils passiv per Drift, teils aktiv durch Stromaufwärtsbewegung. Dabei stellen Barrieren im Bach ein großes Problem dar, weil die Groppe als bodengebundene Fischart ohne Schwimmblase selbst geringe Sohlabstürze nicht überwinden kann. So kommt es, dass die ursprünglichen Lebensräume in den Oberläufen bei Querungshindernissen durch Sohlverbauungen oftmals nicht mehr von der Groppe besiedelt werden können.


TAUCHKÜNSTLER AN DER SCHLICHEM
Mit etwas Glück kann man den Eisvogel an der Schlichem beobachten. Sein leuchtend azurblauer Rücken, sein orangebrauner Bauch und seine weißen Halsseitenflecken machen ihn unverwechselbar. Typisch für den Eisvogel ist sein Flug mit hoher Geschwindigkeit über das Wasser, wobei er hohe, durchdringende Pfiffe ausstößt – meist, noch bevor man ihn entdeckt.

Sein bevorzugter Sitzplatz befindet sich meist auf überhängenden Ästen nahe des Ufers. Von dort aus oder aus dem Rüttelflug heraus peilt der Eisvogel seine Beute an und stößt auf der Jagd nach Krebsen, Wasserinsekten, Kaulquappen und kleinen Fischchen senkrecht ins Wasser. Unter Wasser bremst er mit den Flügeln ab, taucht wieder auf und fliegt bei erfolgreicher Jagd mit seiner Beute auf seinen Ansitz. Ruhige, klare und fischreiche Gewässer mit genügend Sitzplätzen für die Ansitzjagd sind unabdingbar für sein Brutgebiet. In Steilhängen bevorzugt aus Sand, Löß oder Torf gräbt der Vogel eine armlange Bruthöhle und legt in die Nistmulde 6 bis 8 Eier. Die Brutdauer beträgt 18-21 Tage. Nach 23-27 Tagen sind die Jungvögel flügge.

Ein besonderer Tauchkünstler unter den Vögeln an der Schlichem ist die Wasseramsel, die als brauner, etwa starengroßer Vogel durch ihren großen, weißen Brustfleck leicht zu erkennen ist. Tauchend erbeutet sie vor allem Wasserinsekten, gelegentlich Schnecken und kleine Fische und kann sogar schwimmend beobachtet werden.
Der Lebensraum der Wasseramsel ist an klare, strömungs- und sauerstoffreiche Fließgewässer gebunden. Sie benötigt steinigen oder kiesigen Untergrund und zumindest abschnittsweise dicht bebuschte Ufer. Gern sitzt sie auf Felsen oder großen Steinen im Wasserlauf und lässt sich bei ihrem unverkennbaren Knicksen beobachten. Ihr Nest baut die Wasseramsel direkt ans Wasser, z. B. an Felsen oder auch hinter einem Wasserfall.


NATURNAHE FEUCHTWÄLDER AN DER SCHLICHEM

Wo Land und Wasser ineinander übergehen, wachsen Feuchtwälder. Die heute selten gewordenen, naturnahen Feuchtwälder sind besonders artenreiche Lebensräume und bieten einen natürlichen Hochwasserschutz durch Wasserrückhaltung. Außerdem können sie als Trinkwasserspeicher dienen und stellen gleichzeitig eine Art „natürliche Kläranlage“ dar.

Während Sumpfwälder auf mineralischen Nassböden gedeihen, die meist stark schwankende Grundwasserstände aufweisen, sind Auwälder regelmäßigen Überschwemmungen und damit einem stetigen Wechsel zwischen Überflutung und Trockenfallen ausgesetzt.

Vorkommende Baumarten wie Erlen und Weiden haben für diesen Lebensraum spezielle Anpassungsmechanismen entwickelt: Die großen, luftgefüllten Zwischenräume zwischen den Zellen in ihren Wurzeln werden mit Sauerstoff aus dem oberirdischen Bereich versorgt.An Bächen und kleinen Flüssen, finden sich naturgemäß nur schmale Feuchtwaldstreifen, die als schmales, flussbegleitendes Band ausgebildet sind. An der Schlichem sind diese nach dem Landeswaldgesetz geschützt. Für den naturnahen Sumpfwald bei Hausen am Tann ist das Vorkommen von Schwarzerlen, Eschen und verschiedene Weidenarten charakteristisch. Im Unterwuchs treten u. a. Sumpfdotterblume und Riesenschachtelhalm auf.


DAS NATURSCHUTZGEBIET „SCHLICHEMTAL“

Das Naturschutzgebiet „Schlichemtal“ kann der interessierte Wanderer im reizvollen Unterlauf der Schlichem auf einer Länge von etwa 3,5 km Länge von der Böhringer Mühle bis zur Mündung in den Neckar erleben. Das Gebiet mit einer Fläche von 216 ha ist gleichzeitig Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura 2000“.

Die Schlichem hat sich hier im Laufe von Jahrtausenden steil und windungsreich in den harten Muschelkalk gegraben, ganz besonders eindrucksvoll ist dies im Abschnitt der Schlichemklamm zu beobachten.

In dem strukturreichen Naturschutzgebiet konnten über 560 verschiedene Pflanzenarten festgestellt werden, von denen fast 10 % auf der Roten Liste stehen. Die Vielfalt des Gebietes geht einher mit vielen unterschiedlichen ökologischen Standorten, die zum großen Teil durch menschliche Nutzung geprägt wurden. Flächen von Magerwiesen mit typischen blütenreichenVertretern wie bspw. Wiesen-Salbei und Wiesen-Flockenblume sowie charakteristische Magerrasengesellschaften, etwa u. a. mit Fransen-Enzian und der Stängellosen Kratzdistel haben sich an den Talflanken entwickelt.

Früher wurden insbesondere weite Teile des Südhangs als Schafweide genutzt, durch welche Wacholderheiden entstehen konnten. Ein Relikt dieser Zeit ist die Wacholderheide bei der Ramsteiner Mühle, welche auch noch heute regelmäßig mit Schafen beweidet wird. Dagegen wurden extrem steile Standorte, wie etwa im Gewann „Steinethalde“, in früheren Jahrhunderten mit Ziegen beweidet. Heute wird dem Trend der zunehmenden Verbuschung nach vielfacher Nutzungsaufgabe von schlecht zugänglichen Steilhängen im Naturschutzgebiet „Schlichemtal“ erfolgreich mit regelmäßiger Ziegenbeweidung entgegengewirkt, sodass sich hier wieder Magerrasen- und Fels-Pionierarten wie z. B. Hirsch-Haarstrang oder Karthäuser-Nelke etabliert haben.

Lichtliebende Arten der Felsfluren finden sich im Schutzgebiet heute an den Felswänden mit charakteristischen Gesellschaften der Bleich-Schlingelflur, des Blutstorchschnabel-Hirschwurz-Saums sowie Felsenbirnengebüsche.

Die naturnahe Talaue, durch welche der Wanderweg führt, ist durch artenreiche Glatthaferwiesen geprägt, welche vielerorts dem FFH-Lebensraumtyp der „Mageren Flachlandmähwiese“ zugeordnet werden. Typische Vertreter dieser blütenreichen Wiesen sind beispielsweise Margerite, Wiesen-Bocksbart oder der Zottige Klappertopf.

Der Weg durch das Naturschutzgebiet Schlichemtal verspricht ein landschaftlich eindrucksvolles Erlebnis, in welchem sich viele besondere Pflanzenarten entdecken lassen. Mit etwas Glück kann der Wanderer auf dem Weg entlang der Schlichem auch seine Bewohner, wie z. B. Eisvogel und Wasseramsel, beobachten.

Literatur:
Staub, Frauke: Naturschutzgebiet „Schlichemtal“. In: Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz [Hrsg.] (2007): Der Neckar: Das Land und sein Fluss, Reihe Naturschutz, Spectrum Themen 96, Verlag Regionalkultur.