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Schlichemwanderweg: Geschichtliches
Der Bau des Schömberger Stausees dauerte von 1941 bis 1945. Zweck war die Brauch- und Kühlwasser-Versorgung für das im Jahr 1939 gegründete Zementwerk in Dotternhausen (heute „Holcim Süddeutschland GmbH“). Dabei wurden die ehemalige Obere Mühle und das erst 1935 neu erbaute Freibad überflutet. Gefüllt wurde der Stausee nach seiner Fertigstellung durch das Schmelzwasser, das die Schlichem brachte. Es wurde vom sogenannten Betonklotz aus zum Reservoir auf dem nahen Palmbühlkapf gepumpt. Von dort lief es mit eigenem Druck zum 2 km entfernten Zementwerk.
Nach Rissbildungen auf der alten Dammkrone, der Gefährdung des alten Sperrwärterhauses und einem gefährlichen Hochwasser, wurde der ganze See abgelassen. Von 1978 bis 1980 wurde er neu gebaut und verbreitert. Dabei kam eine versteinerte 5-teilige Ammonitengruppe mit einem Alter von rund 180 Millionen Jahren zum Vorschein.
Die heutige Talsperre gehört dem Land Baden-Württemberg und dient der Stromgewinnung und dem Hochwasserschutz für das weitere Schlichemtal. Die Wasserentnahme und der Ablauf werden zentral gesteuert. Dazu werden die Betonsäulen auf der Dammkrone und nahe des Staudamms zur zentralen Vermessung eingesetzt.
Beliebt ist der Stausee bei Naherholungsgästen, die hier neben Bademöglichkeiten einen Bootsverleih sowie Camping- und Gastronomieangebote vorfinden.
Abb.: Ammonitengruppe (Lytoceras fimbriatum) aus dem obersten Schwarzen Jura gamma, heute im Staatl. Museum für Naturkunde Stuttgart ausgestellt
Fotos: Kreisarchiv Zollernalbkreis (Archivfotos Stauseebau), Alfons Eha (ausgestellte Ammonitengruppe im Staatl. Naturkundemuseum Stuttgart)
Die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) hatte sich um 1900 zum Ziel gesetzt, zwischen den bereits bestehenden großen Bahnlinien Verbindungsstrecken zu bauen. Man erhoffte sich wirtschaftlichen Gewinn durch die Verkehrserschließung des ländlichen Raums.
Am 23. Juli 1899 wurde im Balinger „Schwanen“ zunächst eine Bahnlinie Balingen – Schömberg projektiert. Ein weiterer Ausbau nach Rottweil sollte zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Im Mai 1900 wurde ein fertiger Entwurfsplan vorgelegt, der auch später in der Trassenführung realisiert wurde.
Jedoch gab es bis zum Baubeginn ein erhebliches Hindernis zu überwinden – dies war die Schlichem. Für den Bahnhof Schömberg gab es zwei Varianten: Eine Billigvariante mit dem Kopfbahnhof im Schlichemtal unterhalb der Altstadt. Die zweite Variante war ein Brückenbau über die Schlichem mit dem Bahnhof an heutiger Stelle. Dies war die einzig vernünftige Lösung angesichts des Plans, die Strecke nach Rottweil wei-ter zu führen.
Die Mehrkosten von 340 000 Mark schienen zunächst das Projekt zunichte zu machen. Die Rentabilität dieser Strecke wurde angesichts der hohen Kosten in Frage gestellt. Erst im Jahr 1904 gab der Staat die Baugenehmigung, jedoch ohne feste Termine zuzusagen. So zog sich der Bau noch über Jahre hin, so dass es erst am 24. Oktober 1911 zur feierlichen Eröffnung kam. Die Weiterführung der Strecke bis Rottweil dauerte noch bis 1928.
Abb.: Eisenbahnarbeiter bei Schömberg 1910
Abb.: Lok beim Rangieren im Bahnhof Schömberg 1972
Um 74 n. Chr. eroberten die Römer vom Rhein her kommend das Gebiet am Oberen Neckar. Um dieses Gebiet zu halten, entstanden bei Rottweil Militärlager, sogenannte Kastelle. Damit diese schnell mit Truppen, Botschaften und Proviant versorgt werden konnten, mussten gute Straßen gebaut werden. Einige davon verliefen durch das Schlichemtal.
Eine wichtige römische Heerstraße nach Sumelocenna, dem heutigen Rottenburg, überquerte die Schlichem in Dautmergen. Die Römerstraße zog nach der Schlichemüberquerung in nördlicher Richtung zum Kastell Häsenbühlhof bzw. zum Kaiserstein. Dieses monumentale Denkmal an der Grenze der ehemaligen römischen Provinzen Obergermanien und Rätien wurde vermutlich zu Ehren des damaligen Flavierkaisers Domitian errichtet.
Die Römer bedienten sich bei ihrer Straßenführung zur Überwindung eines Flusses einer festen Furt. Diese Möglichkeit bot sich durch den felsigen
Untergrund der Schlichem.
Zwar war das untere Schlichemtal früher ein Sumpfgebiet, in Dautmergen jedoch treten die harten Arietenkalke der unteren Juraschicht, die vom Wasser freigeschwemmt wurden, zutage. Zu sehen sind diese Arietenkalkfelsplatten in der Dorfmitte unterhalb der Kirche zwischen den beiden überdachten Holzbrücken.
Eine römische Heerstraße war in der Regel 4 bis 5 m breit. Der Straßenkörper bestand aus einem soliden Fundament aus größeren Steinen, teils senkrecht gestellt. Diese waren mit Schotter überdeckt und als oberste Schicht war feiner Split verteilt. Bei Hauptverkehrsstraßen oder in Siedlungen konnte darauf noch eine Pflasterung aus unregelmäßigen Steinplatten liegen.
Die Straßen waren – wie heute auch – leicht gewölbt, um das Regenwasser in die zu beiden Seiten befindlichen Straßengräben abzuleiten.
HISTORISCHE STRASSEN IM SCHLICHEMTA
Auf der 33 km langen Strecke führt der Schlichemwanderweg bei Schömberg über alte Post- und Handelswege. Unterhalb des Staudamms treffen wir auf die erste Trasse der Schweizerstraße, die schon im Mittelalter vom württembergischen Straßenknotenpunkt Cannstatt nach Schaffhausen führte.
In einer alten Schömberger Chronik aus dem Jahr 1864 ist zu lesen:
„Die alte Schweizerstraße führte vom Palmbühl kommend an der unteren Mühle vorbei und dann im Tal hinter der Mauer (Stadtmauer) unterhalb der Kirche und außerhalb der Friedhofmauer vorbei. Nach der Kirchhofmauer eine links Kurve Richtung Neuhaus- Wellendingen. Durchs Dörfle (Dorfgasse) ging eine Abzweigung nach Rottweil.“
Es existiert ein Lageplan (1786), in dem es um den Bau der Kirche geht. Dort ist die Straße so eingezeichnet, wie oben beschrieben mit dem Hinweis „Die alte farr Strass“. Im gleichen Plan ist auch schon „Die neue Strass“ vermerkt. Das ist dann die Schweizerstraße, wie sie ab 1786 verlief, nachdem die große Bogenbrücke über der Schlichem fertig war. Von hier führte die Straße mitten durch Schömberg. Heute erinnert der Name „Alte Hauptstraße“ an diese Zeit. Ebenso die „Schweizerstraße“, die beim Marktplatz beginnt und heute noch Richtung Neuhaus – Wellendingen führt.
Zu dieser Straße lässt sich eine kleine Anekdote aus einem Tagebuch von Johann Wolfgang v. Goethe, von seiner dritten Reise in die Schweiz erzählen. Datum 3. August 1797. „Schömberg, starker Stieg, den vor einigen Jahren ein Postwagen hinunterrutschte. Der Ort ist schmutzig und voller Mist, er ist wie Balingen als Städtchen enge gebaut und in Mauern gezwengt und wird von Güterbesitzern bewohnt, die nun keine Höfe haben.“
Goethe hat wohl genau beobachtet. Es ist von der Palmbühlkirche hinab ins Schlichemtal sehr steil und genau so steil die andere Seite hoch in Schömbergs Altstadt. Es war mit eine der gefährlichsten Strecken der Schweizerstraße. Mit dem Mist hat er wohl ebenfalls recht.
Schömberg hatte damals einen überdurchschnittlich hohen Viehbestand – viel Vieh, viel Mist.
Die Schweizerstraße war die erste überregionale Fernstraße in unserer engeren Heimat.
Im Mittelalter war sie wohl ein unbefestigter Fahrweg, auf dem Boten und Reiter mit Botschaften der Herrschenden und Höhergestellten unterwegs waren.
Von 1490 an waren die Habsburger aufgrund der Ausdehnung ihres Reiches auf eine gut funktionierende und schnelle Nachrichtenübermittlung angewiesen. Um dieses zu erreichen, beauftragten sie die Familie „Taxis“, die schon vorher in Italien tätig war, mit dieser Aufgabe. Eine öffentliche Aufgabe wurde somit privatisiert. Die Taxis organisierten die Nachrichtenverbindung in einer Art Stafettensystem. Von „A“ nach „B“ und zurück. Jetzt neu sortiert und weiter nach „C“. Bestehende Straßenknotenpunkte wurden erweitert oder teilweise neu angelegt. Zu den bisher üblichen Botschaften der Herrschenden kamen jetzt auch private Botschaften von Kaufleuten usw. Die Beförderung von Botschaften wurde ausgeweitet auf Warentransport und auch auf Personenbeförderung.
Um 1490 fuhr eine Landkutsche von Cannstatt nach Schaffhausen. Vorher waren diese schon von Cannstatt zu den Knotenpunkten nach Frankfurt bzw. Augsburg unterwegs.
Jetzt waren natürlich befestigte Straßen gefragt. Diese zu bauen war Aufgabe der einzelnen
Staaten. Diese waren nicht abgeneigt, das zu übernehmen, da durch den Warenverkehr Zolleinnahmen zu erwarten waren. Es entstanden wieder gut gebaute Fernverbindungen wie die Römer sie schon 1200 Jahre früher gebaut hatten.
Oft wurde um die Streckenführung gerungen. So auch beim Bau der Schweizerstrasse.
Ab Cannstatt führte die Straße auf württembergischem Gebiet über Tübingen – Balingen bis kurz vor Schömberg. Hier begannen die Vorderösterreichischen Lande, also Habsburger Gebiet. Anstelle der Straßenführung der heutigen B 27 nach Rottweil – auch eine Art Schweizerstraße – wurde die Strecke über Wellendingen – Spaichingen geführt. Rottweil war freie Reichstadt und mit dieser wollten weder die Württemberger noch die Habsburger die Zollgebühren teilen.
Bei Tuttlingen wurde wieder württembergisches Territorium erreicht. Habsburg plante die Straße über Stockach weiter zu bauen, das wäre dann Habsburger Land gewesen. Es gab aber Konflikte, denn Württemberg wollte auch die Fürstenberger an den Zolleinnahmen beteiligen. Letztendlich konnten sich Württemberg und Fürstenberg durchsetzen.
Die Straße wurde ab Tuttlingen steil bergauf zur Eck ins Fürstenbergische geführt und erreichte über Engen die schweizerische Stadt Schaffhausen.
An die Zollstellen, an denen für den Warentransport auf der Schweizerstraße bezahlt werden musste, erinnert in Schömberg das Zollhaus. Heute steht an diesem Ort ein Neubau mit Gaststätte.
Literatur
Bumiller, C. (2005): Geschichte der Stadt Schömberg. Schömberg.
Leibbrand, W. (1980): Das Chausseestraßennetz des Schwäbischen Kreises von Bernd Wunder. Postrouten (post course) in Baden-Württemberg 1490 – 1803. In: Historischer Atlas von Baden-Württemberg, hrsg. von der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Stuttgart.
Chronik des Ignaz Eha aus dem Jahr 1864.
Textbeitrag von Berthold Schuß, Schömberg